Die Gewinner des Deutschen Kulturlandschafts-Preises
Kreative Ideen und bürgerschaftliches Engagement erhalten die bäuerliche Kulturlandschaft und sorgen für attraktive ländliche Räume
Der Erhalt und die Pflege der traditionellen Teichwirtschaft im Landkreis Tirschenreuth (Bayern), die Anlage und der Betrieb einer Streuobst-Sortenwiese in Tobertitz (Vogtlandkreis, Sachsen) sowie der Umbau des alten Rathauses und dessen Weiterentwicklung zu einem Bürgertreffpunkt in Kembach (Main-Tauber-Kreis, Baden-Württemberg) und der Neuaufbau eines Mutterkuh- und Landschaftspflegehofes mit Öffentlichkeitsarbeit in Lippoldshausen (Landkreis Göttingen, Niedersachsen) – das sind die vier Gewinner des erstmalig von der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft (DSK) in Berlin ausgelobten Deutschen Kulturlandschafts-Preises.
Die Preise überreichten Susanne Schulze Bockeloh, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft, und Gisela Reetz, Sächsische Staatssekretärin im Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, heute auf der Bühne der Erlebnisbauernhofs der Grünen Woche in Berlin. Insgesamt 61 Projekte – getragen von Einzelbewerbern oder Vereinen und Verbänden aus ganz Deutschland – haben sich um den Deutschen Kulturlandschafts-Preis beworben.
„Wir haben wunderbare Bewerbungen aus ganz Deutschland erhalten, die deutlich machen, wie engagiert sich Landschaftspflege- und Bürgervereine, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände, aber auch einzelne Landwirte um den Erhalt der Kulturlandschaft kümmern“, zieht Susanne Schulze Bockeloh, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft, eine sehr positive Bilanz der erstmaligen Ausschreibung.
„Die Projekte zeigen auch, dass sich Natur- und Umweltschutz, der Erhalt der Kulturlandschaft und eine wirtschaftliche Nutzung unter einen Hut bringen lassen. Das ist gelebte Nachhaltigkeit“, freut sich Staatssekretärin Gisela Reetz.
„Es war daher nicht leicht für die Jury, aus den vielen erstklassigen Bewerbungen die besten zu identifizieren“, betont Susanne Schulze Bockeloh. Prämiert wurden am Ende sieben Projekte: vier Hauptpreise und drei Anerkennungen.
Hauptpreise des Deutschen Kulturlandschafts-Preises 2023/2024
Erhalt und die Pflege der traditionellen Teichwirtschaft im Landkreis Tirschenreuth (Bayern)
Bewerber/in: ARGE Fisch im Landkreis Tirschenreuth e.V., Zusammenschluss zur Förderung der traditionellen Teichwirtschaft
Preisgeld: 2.500 €
5.000 Teiche prägen seit rund tausend Jahren die Tirschenreuther Kulturlandschaft. Noch immer werden diese von den Fischern der Region für die Karpfenzucht genutzt. Früher waren sie gleichzeitig auch Viehtränke, Waschplatz, Löschwasserreservoir und Teil der Stadtbefestigung. So ist eine einzigartige, artenreiche Kulturlandschaft entstanden, die einen besonderen Lebensraum für unzählige geschützte und seltene Tier- und Pflanzenarten bietet.
Fischer, Köche, Tourismusmanager und Naturschützer haben sich in der ARGE Fisch e.V. zusammengeschlossen, um diese Kulturlandschaft durch ein ganzheitliches Konzept zu erhalten und dabei Einheimische wie Touristen für diese besondere Landschaft zu sensibilisieren. So wird die Kulturlandschaft durch ein ökonomisch tragfähiges Bewirtschaftungskonzept erhalten.
Anlage und der Betrieb der Tobertitzer Streuobst-Sortenwiese (Vogtlandkreis, Sachsen)
Bewerber: Jonas Hommel, Landwirt
Preisgeld: 2.500 €
Der 22jährige Jonas Hommel hat einen genetischen Sicherungsstandort für die 115 am stärksten bedrohten sächsischen Obstsorten angelegt. Sein Ziel ist es, die sächsische Obstsortenvielfalt zu sichern und so die Biodiversität zu steigern. Dazu hat er einen 35 ha-Ackerschlag zu einer besonderen Streuobstwiese mit Wanderweg und Fruchthecke als Erosionsschutz entwickelt. Eine Imkerei und ein Beweidungskonzept runden das Konzept ab.
Aus der Streuobstwiese hat sich mittlerweile das Vogtländische Streuobstkompetenzzentrum entwickelt. Dazu wird Hommel einen leerstehenden landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Mosterei, einer Brennerei, einer Event-Scheune sowie Ferienwohnungen und Wohnmobil-Stellplätzen ausstatten und so neue Arbeitsplätze schaffen.
Umbau des alten Rathauses Kembach und Einrichtung eines neuen Bürgertreffpunkts (Main-Tauber-Kreis, Baden-Württemberg)
Bewerber/in: Bürgerverein Kembach 2018 e.V.
Preisgeld: 2.500 €
Das alte Rathaus in Kembach (Stadt Wertheim, Main-Tauber-Kreis, Baden-Württemberg), ein ortsbildprägendes Gebäude, dessen ältester Teil im Jahr 1790 erbaut wurde, ist von den engagierten Bürgerinnen und Bürgern des Ortes in dreijähriger ehrenamtlicher Arbeit renoviert und einer neuen Nutzung zugeführt worden.
Das Gebäude wird heute von der Kirche für Gottesdienste und andere kirchliche Aktivitäten, von der Gemeindeverwaltung für Ratssitzungen und von den Bürgerinnen und Bürgern als Treffpunkt für vielfältige Aktivitäten genutzt. Zusätzlich wurde eine öffentlich zugängliche Toilette eingerichtet.
Das Besondere dieses Projektes ist die Breite und Intensität der Dorfgemeinschaft. Fast alle Bürgerinnen und Bürger des Dorfes – von acht Jahren bis 82 Jahren – waren im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv. Die drei Jahre gemeinsame Arbeit haben das Dorf zusammengeschweißt. Der neue Dorfmittelpunkt hält das Dorf zusammen.
Aufbau eines landwirtschaftlichen Betriebes, der Landwirtschaft, Landschaftspflege und Öffentlichkeitsarbeit vorbildlich verknüpft (Lippoldshausen, Landkreis Göttingen, Niedersachsen)
Bewerber: Denis Schmahl, Landwirt
Preisgeld: 2.500 €
Im Jahr 1994 hat der damals 22-jährige Denis Schmahl den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Großeltern in Lippoldshausen (Kreis Göttingen) mit einer Kuh wiederbelebt. In den letzten 22 Jahren ist der Hobbybetrieb von vier Hektar zu einem Vollerwerbsbetrieb mit 90 Hektar und knapp 100 Tieren gewachsen.
Mit seinen Mutterkühen, Ziegen, Schafen und Schweinen engagiert sich Denis Schmahl seit 2008 im Vertragsnaturschutz. Er bewirtschaftet extensive Grünlandflächen und im Auftrag des Landschaftspflegeverbandes Streuobstwiesen. Außerdem züchtet er vom Aussterben bedrohte alte Haustierrassen (z.B. alte Rotbunte Rinder, Angler Sattelschweine und Bunte Bentheimer Schweine).
Der Betrieb ist rentabel und wächst. Inzwischen beschäftigt Schmahl mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ziel ist es, den Betrieb wirtschaftsfähig und attraktiv für zukünftige Generationen zu erhalten. Intensiv kümmert sich der Betriebsgründer um die Öffentlichkeitsarbeit. Kita- und Schulkinder lernen auf dem Hof spielerisch die Zusammenhänge von Landwirtschaft und Naturschutz am praktischen Beispiel.
Anerkennungen (ohne Preisgeld)
Initiative „Landschaft anpacken“ - praktische Landschaftspflege-Weiterbildung: Mitmachen und Anpacken! (Mittelfranken, Bayern)
Bewerber/in: Landschaftspflegeverband Mittelfranken e.V.
Der Landschaftspflegeverband Mittelfranken bietet Fortbildungskurse an, bei denen interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger lernen, wertvolle Landschaften zu erhalten. Sie befreien Magerrasen von Sträuchern, pflegen Hecken, mähen Feuchtwiesen für Orchideen und Schmetterlinge, pflanzen Streuobstwiesen, Hecken und Bäume, und erproben den Umgang mit Maschinen. Zum Programm gehören auch Themen wie Arbeitssicherheit und steuerliche Aspekte der Landschaftspflege.
Anlage, Erhalt und Verwertung von Streuobstwiesen im Kreis Kleve (Nordrhein-Westfalen)
Bewerber/in: Landschaftspflege im Kreis Kleve e.V.
Der Verein mit seinen 380 Mitgliedern erhält im Kreis Kleve im großen Stil Streuobstwiesen und legt solche auch neu an. Es wurden bisher 20.000 Obstbäume gepflanzt. Die Flächen werden von Rindern und Schafen beweidet. Das Obst wird über Kooperationspartner frisch vermarktet, über mobile Pressen zu Saft verarbeitet oder gebrannt. In den vergangenen Jahren ist der Landschaftspflegeverein auch in die Zucht von Obstbäumen eingestiegen. Die Bevölkerung wird durch Obstbaumschnittkurse und Infotafeln mitgenommen.
Erhalt der Nieheimer Flechthecken und Erhalt der jahrhundertealten Kulturtechnik des Heckenflechtens (Kreis Höxter, Nordrhein-Westfalen)
Bewerber/in: Arbeitskreis Nieheimer Flechthecken im Heimatverein Nieheim e.V.
Der Arbeitskreis setzt sich für den Erhalt der Nieheimer Flechthecken ein. Das ehrenamtliche Engagement zielt darauf ab, Hecken in Westfalen für die Biodiversität, Klima, Identität und nachhaltige Landschaftsgestaltung zu fördern. In Nieheim und Umgebung kommt die Fertigkeit des Heckenflechtens als regionale Besonderheit dazu. Der Arbeitskreis sensibilisiert interessierte und engagierte Menschen für den schonenden Umgang mit der Natur und sorgt gleichzeitig dafür, dass die jahrhundertealte Kulturtechnik des Heckenflechtens nicht verloren geht.
Forum Moderne Landwirtschaft – Annette Birkenfeld